Der internationale Tag des Bleistifts

Der Bleistift – ein schlichtes Schreibgerät, das unsere Welt seit Jahrhunderten prägt – hat tatsächlich einen eigenen Ehrentag. Jedes Jahr am 30. März wird weltweit der Tag des Bleistifts begangen. Dieser inoffizielle Aktionstag würdigt den unscheinbaren, aber äußerst einflussreichen „Klassiker“ unter den Schreibutensilien. Auch im digitalen Zeitalter ist der Bleistift allgegenwärtig und wird nach wie vor milliardenfach genutzt, um Gedanken zu Papier zu bringen.

Ursprung des Aktionstages

Streng genommen handelt es sich beim Tag des Bleistifts nicht um einen förmlichen, von internationalen Organisationen anerkannten Welttag, sondern um einen US-amerikanischen Nationaltag (National Pencil Day), der inzwischen weltweit Beachtung findet. Wer genau diesen Aktionstag ins Leben rief und seit wann er gefeiert wird, ist nicht eindeutig dokumentiert. Klar ist jedoch der Anlass für die Wahl des Datums: Am 30. März 1858 erhielt der Schreibwarenhändler Hymen L. Lipman in den USA ein Patent für einen Bleistift mit einem am Ende befestigten Radiergummi. Diese Patentierung eines „Bleistifts mit Radiergummi“ (U.S. Patent 19,783) markierte einen Meilenstein – fortan konnte man Geschriebenes direkt mit demselben Stift korrigieren. Zu Ehren Lipmans und dieser Erfindung wird der 30. März seither als Tag des Bleistifts begangen.

Kulturelle und historische Bedeutung des Bleistifts

Die Erfolgsgeschichte des Bleistifts reicht weit zurück. Schon in der Antike nutzten Menschen bleihaltige Schreibgeräte – so gab es vor 5000 Jahren im alten Ägypten frühe Formen von „Bleistiften“, und die Römer schrieben mit Bleigriffen (stilus). Doch der eigentliche moderne Bleistift entstand Mitte des 16. Jahrhunderts: In England wurde damals ein großes Graphit-Vorkommen entdeckt, dessen Material („Schwarzblei“) sich ideal zum Schreiben eignete. Man stellte fest, dass Graphit auf dem Papier einen kräftigeren Strich hinterließ als echtes Blei und sich leichter abwischen ließ. Zunächst wickelte man Graphitstäbe in Schnur oder Papier, später kam ein findiger Tischler auf die Idee, das Graphit in Holz einzuschließen. So wurde um 1564 der erste holzgefasste Bleistift geboren – eine kleine Revolution: Der Bleistift war trocken und überallhin mitnehmbar, preiswert in der Herstellung und das Geschriebene ließ sich bei Bedarf wegradieren. Diese Eigenschaften machten das Schreiben und Zeichnen für breite Bevölkerungsschichten zugänglich und trugen dazu bei, Ideen und Entwürfe unkompliziert festhalten zu können.

Im späten 18. Jahrhundert perfektionierte der französische Offizier Nicolas-Jacques Conté die Bleistift-Technologie, indem er Graphitpulver mit Ton mischte und diese Masse im Ofen brannte. Das 1795 patentierte Graphit-Ton-Verfahren erlaubte die Herstellung stabiler Minen und unterschiedlicher Härtegrade – ein Prinzip, das bis heute für Bleistiftminen verwendet wird. Unabhängig von reinen Graphitfunden konnte man nun qualitativ hochwertige Stifte produzieren. Bald darauf, im 19. Jahrhundert, setzte mit der Industrialisierung die Massenproduktion von Bleistiften ein. Fabriken stellten Millionen von Stiften her, und der Bleistift wurde zu einem großen Wirtschaftszweig. So produzierten etwa die deutschen Firmen A.W. Faber (später Faber-Castell) und J.S. Staedtler in den 1870er Jahren jeweils rund zwei Millionen Bleistifte pro Jahr, und in den USA etablierte sich mit Unternehmen wie der Joseph Dixon Crucible Company eine der bekanntesten Bleistiftmarken jener Zeit. Der Bleistift war endgültig vom handwerklichen Nischenprodukt zum Massenartikel geworden, der weltweit verbreitet war.

Bild: Bleistifte in verschiedenen Farben und Formaten. Bis heute werden Schreibstifte in riesigen Stückzahlen hergestellt – jährlich über 14 Milliarden Stück weltweit.

Im 20. Jahrhundert avancierte der Bleistift vollends zum Alltagsgegenstand, der in keinem Haushalt und keinem Federmäppchen fehlte. Bis heute beginnt fast jedes Kind seine Schreiblernlaufbahn mit einem einfachen Bleistift, und auch unzählige Architekten, Zeichner, Studierende und Handwerker nutzen täglich dieses vielseitige Werkzeug. Selbst im Computerzeitalter werden jedes Jahr weltweit Milliarden von Bleistiften hergestellt und verbraucht. Schätzungen zufolge werden pro Jahr über 14 Milliarden Bleistifte produziert – genug, um die enorme und anhaltende Bedeutung dieses Instruments zu verdeutlichen.

Darüber hinaus hat der Bleistift auch einen hohen kulturellen Stellenwert. Er demokratisierte einst die schriftliche Kommunikation, weil er es praktisch jedem erlaubte, Gedanken festzuhalten. Viele große Werke der Literatur und Kunst wurden zunächst mit Bleistift skizziert oder niedergeschrieben. Zahlreiche berühmte Köpfe schworen auf den Bleistift – so benutzte Vincent van Gogh ausschließlich Bleistifte der Marke Faber für seine Zeichnungen, und John Steinbeck verbrauchte beim Schreiben seines Romans Jenseits von Eden Hunderte von Bleistiften (angeblich bis zu 300 Stück). Auch andere Künstler und Erfinder – von Goethe bis hin zu Architekten wie Norman Foster – fertigten ihre Entwürfe lieber zuerst mit Bleistift an als mit der Tinte. Der Bleistift steht sinnbildlich für Kreativität und die Möglichkeit, Fehler zu machen und zu korrigieren (dank des Radiergummis) – ein Symbol für den Prozess des Lernens und Entwerfens.

In jüngerer Zeit wurde der Bleistift sogar zum Symbol für Nachhaltigkeit und neues Leben umgedeutet. Im Jahr 2013 erfand ein Startup den ersten „pflanzbaren Bleistift“: Der Radiergummi am Stiftende wurde durch eine Samenkapsel ersetzt, sodass man den abgearbeiteten Stiftstummel einpflanzen kann. Aus dem verbrauchten Bleistift sprießt dann, ausreichend gegossen, tatsächlich eine Pflanze – Kräuter, Blumen oder sogar ein Baum. Das dänische Unternehmen Sprout World machte den Bleistift mit dieser Idee zu einem Sinnbild des natürlichen Lebenszyklus: Aus Bäumen werden Bleistifte, und aus Bleistiften werden wieder Bäume. Kaum ein anderes Schreibgerät vereint so sehr die Vergangenheit und Zukunft: vom traditionellen Holzstück zum grünen High-Tech-Träger von Samen.

Ähnliche Aktionstage und Würdigungen

Neben dem internationalen Tag des Bleistifts am 30. März existieren noch weitere kuriose Gedenktage rund um Schreibgeräte. In den USA wird zum Beispiel am 17. August der Tag des HB-Bleistifts gefeiert (National #2 Pencil Day). Dieser ehrt speziell den dort üblichen Standardbleistift – den Nr.-2-Bleistift, der dem Härtegrad HB entspricht und traditionell bei Schul-Tests verwendet wird. Über die Ursprünge dieses August-Feiertags ist allerdings wenig bekannt; weder der Initiator noch der Anlass des Datums sind überliefert. Erste Hinweise auf eine öffentliche Wahrnehmung des #2 Pencil Day finden sich ab 2011, was darauf hindeutet, dass es sich um eine relativ neue Erfindung handelt.

Auch Schreibwaren insgesamt haben ihren Ehrentag: Im Jahr 2012 riefen britische Papier- und Stifthersteller erstmals einen National Stationery Day in London aus, der so erfolgreich war, dass daraus ab 2013 eine jährliche National Stationery Week entstand. Im Rahmen dieser Aktionswoche wurde 2014 auch erstmals der World Stationery Day (Internationaler Tag der Schreibwaren) begangen. Er findet seither jährlich in der letzten Aprilwoche statt (oft am Mittwoch) und soll die Freude an traditionellen Büro- und Schreibmaterialien fördern – ein weiterer Beleg dafür, dass Stift und Papier trotz digitaler Konkurrenz einen festen Platz in unserer Kultur haben.

Schließlich gibt es auch regionale Initiativen und Veranstaltungen, die den Bleistift würdigen. So kann man etwa in Keswick (England) – dem Ort, an dem der erste Graphitstift gefertigt wurde – ein ganzes Bleistiftmuseum besuchen. Das Derwent Pencil Museum veranstaltet rund um den 30. März häufig Sonderaktionen und erinnert an die lange Geschichte des Bleistifts. Ob als Museumsstück, Nachhaltigkeitssymbol oder tägliches Werkzeug: Der Bleistift wird weltweit geschätzt und gefeiert. Der internationale Tag des Bleistifts am 30. März ist somit eine Gelegenheit, sich der kulturellen und historischen Bedeutung dieses kleinen, aber feinen Schreibgeräts bewusst zu werden – und vielleicht selbst mal wieder zu Bleistift und Papier zu greifen.

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