Tag der Evolution
Abbildung: Titelblatt der Erstausgabe von Charles Darwins On the Origin of Species (1859). Der “Tag der Evolution” wird jährlich am 24. November begangen – dem Jahrestag der Veröffentlichung dieses bahnbrechenden Werks, das Darwins Evolutionstheorie erstmals der Öffentlichkeit präsentierte. Dieser Aktion- und Gedenktag soll an die Bedeutung der Evolution erinnern und wissenschaftliche Bildung fördern, insbesondere im deutschen Raum. Im Folgenden werden Herkunft, Ziele, Beteiligte, typische Aktivitäten, Termin und öffentliche Resonanz des Tages der Evolution in Deutschland erläutert.
Herkunft des Aktionstags
Die Ursprünge des “Tag der Evolution” liegen in der Würdigung von Charles Darwins Beitrag zur Wissenschaft. Am 24. November 1859 erschien Darwins Hauptwerk Über die Entstehung der Arten (On the Origin of Species), das die Grundlage der modernen Evolutionsbiologie legte. Bereits zum 50. Jubiläum 1909 wurden Darwins Geburtstag und die Veröffentlichung seines Buches mit wissenschaftlichen Veranstaltungen gefeiert. Seither haben am 24. November immer wieder Feierlichkeiten zu Ehren der Evolutionstheorie stattgefunden. Der Begriff “Evolution Day” bzw. “Tag der Evolution” etablierte sich jedoch erst seit Ende der 1990er-Jahre als Bezeichnung für den Jahrestag der Origin-Veröffentlichung. International ist dieser Gedenktag insbesondere in humanistischen und wissenschaftlichen Kreisen bekannt und ergänzt den bekannteren Darwin-Tag am 12. Februar (Darwins Geburtstag).
In Deutschland rückte der Tag der Evolution vor allem im Darwin-Jahr 2009 in den Fokus. Zum 200. Geburtstag Darwins und 150. Jahrestag von Entstehung der Arten initiierte die humanistische Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) eine Kampagne, den Evolutionstag stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Die Stiftung schlug sogar vor, den christlichen Feiertag Christi Himmelfahrt in einen “Evolutionstag” umzuwidmen. Diese Petition sollte dem konfessionsfreien Drittel der Deutschen einen eigenen weltanschaulichen Feiertag geben. Obwohl die Forderung – im Darwin-Jahr als provokanter Denkanstoß lanciert – keinen Eingang in die Feiertagsgesetze fand, löste sie doch eine öffentliche Debatte aus. So betonte etwa der gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon, dass in einem säkularen Staat mit einem Drittel konfessionsloser Bürger auch weltliche Meilensteine wie Darwins Erkenntnisse gewürdigt werden sollten.
Bedeutung und Zielsetzung
Der Tag der Evolution hat das Ziel, die Bedeutung der Evolutionstheorie für Wissenschaft und Gesellschaft hervorzuheben. Bewusstseinsbildung und Bildungsarbeit stehen im Vordergrund: Durch Veranstaltungen und Medienberichte soll vermittelt werden, wie grundlegend Darwins Ideen unser Verständnis des Lebens geprägt haben. Dabei geht es auch um Aufklärung im Spannungsfeld Wissenschaft vs. Schöpfungsglaube. Insbesondere in Deutschland, wo Evolution erst seit dem 20. Jahrhundert selbstverständlich Teil des Schulunterrichts ist, dient der Aktionstag der Erinnerung daran, dass wissenschaftliche Erkenntnisse hart erkämpft waren und weiterhin gegen pseudowissenschaftliche Ansätze verteidigt werden müssen.
Ein wichtiges Anliegen ist die Erinnerung an Darwin selbst und seine Leistungen. Durch die Evolutionstheorie wurde erklärbar, dass alle Lebewesen von gemeinsamen Vorfahren abstammen und sich durch natürliche Selektion über lange Zeiträume verändern. Dies war ein Wendepunkt der Naturwissenschaften – “ein Meilenstein der Naturwissenschaften”, wie die Giordano-Bruno-Stiftung hervorhebt. Entsprechend versteht sich der Tag der Evolution als Würdigung wissenschaftlicher Vernunft und Erkenntnisfortschritts. Oft wird betont, dass Evolution tatsächlich stattgefunden hat (im Gegensatz zu religiösen Mythen) und dass ihre gesellschaftlichen und weltanschaulichen Konsequenzen bedacht werden sollten. So soll der Tag auch kritisches Denken fördern und daran erinnern, wie wichtig freie Wissenschaft für unsere Weltanschauung ist.
Beteiligte Organisationen und Institutionen
Am Tag der Evolution engagieren sich in Deutschland vor allem humanistische und wissenschaftliche Organisationen sowie Bildungsinstitutionen. Eine zentrale Rolle spielen säkulare Verbände: Die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) war Initiator der Evolutionstags-Idee 2009 und produziert seither Bildungsmedien (z. B. Videos wie “Children of Evolution”) rund um Evolution. Regional aktive Gruppen wie der Bund für Geistesfreiheit (BfG) – ein humanistischer Verband – greifen das Konzept ebenfalls auf. So feierte der BfG München im Mai 2023 symbolisch einen eigenen “Tag der Evolution” als weltanschaulichen Feiertag mit Vereinsmitgliedern. Auch der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) und ähnliche Organisationen unterstützen die Idee inhaltlich, indem sie z. B. Veranstaltungen ausrichten oder in Publikationen darüber berichten.
Daneben beteiligen sich Wissenschaftseinrichtungen: Mehrere Universitäten haben den Tag der Evolution zum Anlass für Aktionen genommen. Ein Beispiel ist die Universität Hohenheim, wo Biologie-Studierende wiederholt einen “Evolutionstag” organisierten. Sie luden Schülergruppen und die Öffentlichkeit ein, um mit Vorträgen und Praktika im Labor die Faszination der Evolution zu teilen. Solche studentisch initiierten Projekte zeigen, dass auch an Hochschulen Engagement für Evolutionsbildung besteht. Zudem waren im Darwin-Jahr 2009 zahlreiche Museen und Forschungsinstitutionen aktiv: Naturkundemuseen präsentierten Sonderausstellungen über Darwin und Evolution, Universitäten und wissenschaftliche Gesellschaften (wie die AG Evolutionsbiologie im VBIO) kooperierten mit Stiftungen, um Informationsportale bereitzustellen oder Festveranstaltungen abzuhalten. Auch einige Schulen nutzen den 24. November oder Darwins Geburtstag, um im Unterricht auf das Thema Evolution einzugehen – etwa durch Projekttage oder Referate –, wenngleich dies meist auf freiwillige Initiativen engagierter Lehrkräfte zurückgeht.
Typische Veranstaltungen und Aktivitäten
Der Tag der Evolution wird durch vielfältige Veranstaltungen begangen, die Bildung und öffentliches Interesse fördern sollen. Typischerweise gehören Vorträge, Ausstellungen und Diskussionsrunden zum Programm. So finden häufig populärwissenschaftliche Vorträge von Biologen und Evolutionsforschern statt, die Darwins Theorie und neueste Erkenntnisse der Evolutionsbiologie erläutern. Ein Beispiel bot der Evolutionstag in Hohenheim: Dort erklärte ein Zoologie-Professor anschaulich evolutionäre Prozesse am Beispiel von Kücheninsekten und deren Fressfeinden. Im Anschluss wurden praktische Workshops angeboten, bei denen Schüler im Labor zum Beispiel die Evolution von Insektenaugen unter dem Mikroskop untersuchten. Solche Mitmach-Aktionen – vom Evolutionsspiel bis zur botanischen Gartenführung – ermöglichen es jungen Teilnehmern, evolutionäre Prinzipien selbst zu entdecken.
Auch Podiumsdiskussionen sind verbreitet. Dabei werden oft aktuelle Themen an der Schnittstelle von Evolution, Gesellschaft und Ethik diskutiert. In Hohenheim schloss der Tag etwa mit einer Diskussion über die Rolle der Grünen Gentechnik in der Evolution ab, an der Wissenschaftler, Industrievertreter und Politiker teilnahmen. Museen wiederum gestalten am Evolutionstag spezielle Führungen oder Ausstellungen. Im Darwin-Jubiläumsjahr gab es in mehreren Städten Sonderausstellungen zu Darwins Leben und Werk, oft flankiert von Vortragsreihen. Manche Bibliotheken stellten historische Ausgaben von Entstehung der Arten aus.
Humanistische Gruppen begehen den Tag der Evolution mitunter in geselliger Form, um den weltanschaulichen Feiertag zu markieren. So werden Treffen, Feiern oder gemeinsame Ausflüge organisiert – etwa kombinierte Veranstaltungen aus gemütlichem Beisammensein und einem Besuch im Naturkundemuseum. Immer wieder werden auch Medienaktionen durchgeführt: 2009 etwa tourte eine von der gbs unterstützte “säkulare Buskampagne” durch deutsche Städte, um für Evolutionsaufklärung zu werben. Insgesamt reichen die Aktivitäten von seriösen Bildungsangeboten (Vorträge, Workshops) bis hin zu kreativ-populären Aktionen (Science Slams, Filmvorführungen oder Social-Media-Kampagnen zum Thema Evolution).
Termin und Anlass
Der Tag der Evolution findet jedes Jahr am 24. November statt. Dieses Datum wurde gewählt, weil am 24. November 1859 Darwins epochales Werk Über die Entstehung der Arten veröffentlicht wurde. Der Jahrestag dieser Veröffentlichung gilt als symbolischer Meilenstein in der Wissenschaftsgeschichte und somit als passender Zeitpunkt, um die Errungenschaften der Evolutionstheorie zu feiern. Der Aktionstag ist kein offizieller Feiertag, wird aber international insbesondere von Humanisten und Wissenschaftsenthusiasten begangen.
In Deutschland ist der 24. November ebenso der gängige Termin für Veranstaltungen zum Tag der Evolution. Allerdings gab es – wie erwähnt – auch den Vorstoß, einen bestehenden Feiertag umzuwidmen: Die Giordano-Bruno-Stiftung regte 2009 an, Christi Himmelfahrt (ein beweglicher Feiertag im Frühjahr) künftig als “Evolutionstag” zu begehen. Dieser Vorschlag basierte darauf, dass an einem freien Tag mehr Menschen an Veranstaltungen teilnehmen könnten und dass ein säkularer Feiertag im Kalender ein Zeichen für wissenschaftliche Weltdeutung setzen würde. Obwohl politisch nicht umgesetzt, greifen manche humanistische Verbände diese Idee im Kleinen auf, indem sie rund um Himmelfahrt eigene Evolutionsfeiern organisieren. Der eigentliche Gedenkcharakter bleibt jedoch am 24. November verankert – an diesem Datum wird weltweit (und in Deutschland mit Fokus auf Bildungseinrichtungen) Darwins Werk und das Prinzip der Evolution gewürdigt.
Öffentliche Wahrnehmung und mediale Resonanz
In der Öffentlichkeit ist der Tag der Evolution in Deutschland bislang ein eher fachlich und weltanschaulich begrenztes Phänomen. Das heißt, er ist vor allem unter Wissenschaftlern, Lehrern, Museumsfachleuten sowie in der säkular-humanistischen Community bekannt. Mediale Berichterstattung erfolgt meist anlassbezogen: Insbesondere zu runden Jubiläen wie 2009 (Darwin-Jahr) oder 2019 (160 Jahre Origin of Species) erschienen in deutschen Medien zahlreiche Artikel, Dokumentationen und Interviews. So diskutierten große Zeitungen wie Tagesspiegel oder ZEIT die Idee eines Evolutionstags im Kontext der Feiertagsdebatte und der Frage, wie viel Raum wissenschaftliche Gedenktage in einer säkularen Gesellschaft einnehmen sollten. Wissenschaftsmagazine und Feuilletons nutzen den 24. November gelegentlich, um an Darwins Vermächtnis zu erinnern oder neuere Entwicklungen der Evolutionsforschung vorzustellen.
Die breite Bevölkerung nimmt den Tag der Evolution allerdings weniger wahr, da er kein offizieller “Welttag” der UNO o. ä. ist und im Kalender nicht markiert ist. Oft erscheint er in Sammlungen kurioser oder inoffizieller Gedenktage, die in manchen Zeitungen oder Websites aufgeführt werden. Gleichwohl trägt die Präsenz in Bildungs- und Kulturinstitutionen dazu bei, dass der Begriff langsam bekannter wird. Vorträge zum Evolutionstag ziehen in Universitätsstädten ein interessiertes Publikum an, und Museen verzeichnen am 24. November teils erhöhte Besucherzahlen zu entsprechenden Sonderführungen.
Die öffentliche Resonanz auf Initiativen wie die der Giordano-Bruno-Stiftung war teils kontrovers: Während Säkularisten den Vorschlag eines Evolutionstags als zeitgemäß begrüßten, gab es auch Kritik, dies sei eine unnötige Provokation gegenüber Kirchen oder ein “Aktionstag einer Minderheit”. Tatsächlich sind Konfessionsfreie in Deutschland zwar rund ein Drittel der Bevölkerung, aber organisierten humanistischen Verbänden gehört nur ein kleiner Prozentsatz an. Entsprechend blieb der mediale Nachhall der Feiertags-Petition begrenzt. Nichtsdestotrotz hat das mediale Aufgreifen des Themas – etwa durch Interviews mit Evolutionsforschern und Humanisten – Aufmerksamkeit für Evolutionsbildung geschaffen. Insgesamt wird der Tag der Evolution in Deutschland vor allem als bildungsorientierter Gedenktag wahrgenommen, der in Schulen, Hörsälen und auf Veranstaltungsbühnen stattfindet. Seine öffentliche Wahrnehmung wächst langsam mit jeder Generation, die die Bedeutung der Evolution neu vermittelt bekommt.
 
