Ehrentag des Unkrauts (Weed Appreciation Day)
Datum und Hintergrund: Der Ehrentag des Unkrauts wird jedes Jahr am 28. März begangen. Ins Leben gerufen wurde er im Jahr 2003 durch Garten-Blogger in den USA, um darauf aufmerksam zu machen, dass auch sogenannte „Unkräuter“ Wertschätzung verdienen. Seither findet dieser Aktionstag jährlich und international statt. „Unkraut“ (englisch weed) bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch eine spontan wachsende Pflanze, die am betreffenden Ort unerwünscht ist. Am Ehrentag des Unkrauts jedoch stehen gerade diese gewöhnlich ungeliebten Pflanzen im Mittelpunkt – mit dem Ziel, ihren Nutzen und ihre Schönheit neu zu entdecken.
Historische und kulturelle Perspektive
In früheren Zeiten waren viele wild wachsende „Unkräuter“ fester Bestandteil von Ernährung und Heilkunde. Bevor kultiviertes Gemüse verbreitet war, dienten Wildpflanzen als Nahrungsquelle sowie als Heil- und Würzmittel. Sie sind oft ausgesprochen nährstoffreich: So enthält z.B. der Giersch (auch „Podagrakraut“ genannt) sehr viel Vitamin C und Provitamin A und wurde traditionell gegen Gicht eingesetzt. Auch heute findet Giersch wieder den Weg in die Küche, etwa als würzige Zutat in Quiches oder Salaten. Das zeigt, dass viele jener Pflanzen, die wir heute als Unkraut abtun, in Wahrheit „Powerpflanzen“ mit wertvollen Inhaltsstoffen sind.
Trotz ihres Nutzens bekamen Wildpflanzen im Zuge moderner Gartenästhetik einen schlechten Ruf. In den 1980er-Jahren forderten Umweltschützer sogar, statt von „Unkraut“ lieber von „Wildkraut“ zu sprechen. Diese Umbenennung konnte sich zwar nicht durchsetzen, doch der Gedanke dahinter bleibt aktuell: Jede Pflanze – ob gezielt gepflanzt oder nicht – verdient Beachtung und Wertschätzung. Auch heute wird aus Rücksicht auf die Natur oft von „Wildkräutern“, „Beikräutern“ oder „spontaner Begleitvegetation“ gesprochen, anstatt dem negativ konnotierten Begriff Unkraut. Das alte Sprichwort „Unkraut vergeht nicht“ deutet ebenfalls augenzwinkernd an, wie zäh und lebenswillig diese Pflanzen sind.
Ökologische Bedeutung der „Unkräuter“
Unkräuter als Lebensraum: Was für den Gärtner eine Plage ist, ist für die Natur oft ein Segen. Viele Unkräuter erfüllen im Ökosystem wichtige Funktionen. So schützen sie zum Beispiel im Ackerbau den Boden zwischen Kulturpflanzen vor Erosion und Austrocknung. Mit ihren Wurzeln lockern sie den Boden und können Nährstoffe aus tiefen Schichten an die Oberfläche holen. Einige, wie der Ackerschachtelhalm, binden sogar Kohlenstoff im Boden und leisten damit einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz.
Zahlreiche Wildpflanzen fördern außerdem die Biodiversität. Sie dienen als Lebensraum, Schutz und Nahrung für Insekten und andere Kleintiere. Ein bekanntes Beispiel ist die Brennnessel: Ihre Blätter sind Futter für die Raupen von über 50 Schmetterlingsarten – ohne Brennnesseln gäbe es etwa Tagpfauenauge und Kleiner Fuchs deutlich seltener. Blühende „Unkräuter“ wie Klatschmohn oder Kornblumen verschönern Feldränder und bieten Bienen sowie anderen Bestäubern reichlich Nektar. Manche Gewächse, die einst als Unkraut galten, haben wir Menschen sogar in den Nutzpflanzen-Status erhoben – beispielsweise die Rübe oder der Feldsalat, die ursprünglich wild wuchsen, bevor ihr Wert erkannt wurde. Kurz gesagt: Unkräuter tragen zur Artenvielfalt bei, indem sie ökologische Nischen füllen und das Gleichgewicht in Naturgärten und Landschaften unterstützen.
Kulinarischer und medizinischer Nutzen
Nicht jedes Unkraut gehört auf den Kompost – viele gehören auch in die Küche oder Hausapotheke. Gerade in Zeiten von „Superfoods“ lohnt ein Blick vor die eigene Haustür: Wildkräuter sind kostenlose Gesundheitsbooster. Giersch enthält z.B. dreimal so viel Vitamin C wie Zitronen. Brennnesseln lassen sich wie Spinat zubereiten und ergeben ein nährstoffreiches Gericht voller Eisen und Vitamine. Wolfgang Spitzmüller von den Grünen Burgenland fasst es provokant zusammen: „Aufessen statt niederspritzen!“ – viele vermeintliche Unkräuter sind in Wahrheit schmackhafte Zutaten auf dem Teller. Löwenzahn wiederum, den viele nur als gelbes „Unkraut“ im Rasen kennen, wird seit Jahrhunderten in der traditionellen chinesischen Medizin geschätzt. Seine Wurzeln und jungen Blätter wirken verdauungsfördernd und entgiftend. Spitzwegerich, der am Wegesrand sprießt, gilt als Hustenmittel, und Kamille als beruhigende Heilpflanze – beides wild wachsende Kräuter, die früher selbstverständlich genutzt wurden. Diese Beispiele zeigen: Unkräuter sind oft Heil- und Nahrungspflanzen, die heute wiederentdeckt werden. Der Weed Appreciation Day erinnert uns daran, solche Pflanzen nicht vorschnell auszureißen, sondern ihren verborgenen Wert zu erkennen.
Feierlichkeiten und heutige Praxis
Offizielle Zeremonien gibt es am Ehrentag des Unkrauts kaum – er lebt vor allem vom Mitmachen und kreativen Ideen der Leute. Garten- und Naturliebhaber nutzen den 28. März, um z.B. Kräuterwanderungen zu organisieren oder an geführten Wildkräuter-Touren teilzunehmen. Dabei kann man vor Ort essbare Wildpflanzen bestimmen und sammeln. Eine weitere schöne Idee: Im eigenen Garten einfach mal eine Ecke wild wachsen lassen und beobachten, welche Pflanzen und Insekten sich dort ansiedeln. Anstatt Unkraut zu jäten, wird am Weed Appreciation Day gewissermaßen Unkraut umarmt – durchaus wörtlich: Zur Feier des Tages dürfe man ruhig „ein Unkraut umarmen“, heißt es augenzwinkernd in manchem Kalender. Wer mag, kann auch neue Rezepte ausprobieren, z.B. eine Quiche mit Giersch oder Brennnessel, um Freunde und Familie von den Qualitäten der Wildkräuter zu überzeugen. In sozialen Netzwerken wird der Tag unter dem Hashtag #WeedAppreciationDay begangen: Naturfreunde posten Fotos ihrer „geadelten“ Unkräuter im Garten und teilen ihr Wissen über die Vorzüge der Wildpflanzen. Insgesamt wird die ursprünglich in den USA entstandene Idee heute weltweit von Umweltinitiativen, Gartenblogs und Naturschützern aufgegriffen, um Spaß und Bewusstsein zu verbinden.
Bedeutung und Ausblick
Auch wenn der Ehrentag des Unkrauts mit einem Augenzwinkern daherkommt, trägt er eine ernsthafte Botschaft: Er fordert zu einem umweltbewussten Umdenken auf. Statt jede wild wachsende Pflanze reflexhaft als störend zu betrachten, sollten wir genauer hinschauen und den Wert des vermeintlichen Unkrauts erkennen. In einer Zeit, in der weltweit über 40 % der Insektenarten bedroht sind, kann ein toleranterer Umgang mit Wildwuchs ein leiser Protest gegen Artenschwund und Monokultur sein. Wer seinen Garten in eine kleine Oase der Biodiversität verwandelt, anstatt ihn chemisch „sauber“ zu halten, wird Teil der Lösung – direkt vor der eigenen Tür. So steht der Weed Appreciation Day sinnbildlich für eine kulturelle Bewegung, die mehr Gelassenheit und Respekt gegenüber der Natur predigt. Er passt in die aktuelle Zeit geistiger Wende im Gartenbau: Weg vom Perfektionsdruck des englischen Rasens hin zu naturnahem Gärtnern, Permakultur und Stadtnatur.
Im deutschsprachigen Raum wird der Aktionstag zunehmend von Umweltverbänden und Medien aufgegriffen, um Bewusstsein für Wildpflanzen zu schaffen. Beispielsweise betonen die Grünen in Österreich anlässlich des Ehrentags die „Vitaminhelden vor unserer Haustür“ und ermuntern dazu, Unkräuter lieber zu kosten statt zu bekämpfen. Insgesamt zeigt der Ehrentag des Unkrauts, dass in jeder noch so unscheinbaren Pflanze ein Stück wertvolle Natur steckt. Wenn wir am 28. März innehalten, ein „Unkraut“ genauer betrachten oder sogar feiern, leisten wir einen kleinen Beitrag zu mehr Wertschätzung für die Umwelt – an diesem Tag und darüber hinaus.
 
