Welttag der Solidarität mit dem palästinensischen Volk

Ein Palästinenser blickt auf ein Dorf im Westjordanland. Der von der UNO proklamierte Solidaritätstag macht jedes Jahr auf die Situation des palästinensischen Volkes aufmerksam und appelliert an die internationale Gemeinschaft, Unterstützung zu leisten. Die Geschichte und Bedeutung dieses Gedenktags sind eng mit dem Nahostkonflikt verknüpft.

Ursprung und Einführung durch die Vereinten Nationen

Der Internationale Tag der Solidarität mit dem palästinensischen Volk wird jährlich am 29. November begangen. Eingeführt wurde er im Jahr 1977 durch einen Beschluss der UN-Generalversammlung, welche den 29. November fortan zum offiziellen Solidaritätstag erklärte. Als Datum wählte man bewusst den Jahrestag der UN-Teilungsresolution 181 (II) vom 29. November 1947, mit der das damalige Mandatsgebiet Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat aufgeteilt werden sollte. Diese historische Resolution markierte den Beginn einer Entwicklung, die zur Gründung Israels und zur Vertreibung und Flucht hunderttausender Palästinenser führte – Ereignisse, die von den Palästinensern als Nakba („Katastrophe“) bezeichnet werden.

Die UN-Generalversammlung legte die jährliche Begehung des Solidaritätstages in der Resolution 32/40 B vom 2. Dezember 1977 formell fest. In den 1970er Jahren wuchs die internationale Sorge über die anhaltend schwierige Lage des palästinensischen Volkes. Mit dem Gedenktag wollte die UNO ihrer Besorgnis Ausdruck verleihen und die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf die ungelöste Palästina-Frage lenken. Die Einführung des Solidaritätstages fiel auch mit dem 30. Jahrestag der Teilungsresolution zusammen – ein symbolischer Moment, um an das immer noch ausstehende Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser zu erinnern. Hauptziel des Gedenktags ist es laut UN, das Bewusstsein für die Lösung der Palästina-Frage zu schärfen und die Vision einer friedlichen Koexistenz zweier Staaten, Israel und Palästina, ins Zentrum zu stellen.

Historische Entwicklung des Gedenktags

Der Solidaritätstag wurde erstmals am 29. November 1978 begangen und ist seitdem fester Bestandteil des UN-Kalenders. Jahr für Jahr organisieren die Vereinten Nationen aus diesem Anlass Gedenkveranstaltungen an ihren zentralen Standorten. Traditionell findet am UN-Hauptquartier in New York eine offizielle Sitzung statt, begleitet von Ansprachen hochrangiger UN-Vertreter. Parallel dazu werden auch in den UN-Büros in Genf, Wien und Nairobi Gedenkveranstaltungen abgehalten. Die Durchführung koordiniert die Abteilung für Palästinenserrechte des UN-Sekretariats in Zusammenarbeit mit dem Ausschuss zur Ausübung der unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes, einem Gremium, das eigens 1975 gegründet wurde, um die Anliegen der Palästinenser bei den UN zu vertreten.

Inhaltlich standen die jährlichen Solidaritätstreffen stets im Zeichen der aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten. Häufig eröffnen die UN rund um den 29. November thematische Ausstellungen oder Kulturprogramme. So wurde z.B. im Jahr 2019 eine Ausstellung über das palästinensische Kulturerbe gezeigt, und 2023 widmete man sich im UN-Hauptquartier mit einer Schau unter dem Titel „Palestine – A Land With a People“ der Nakba von 1948 und dem Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge, von denen bis heute fast 6 Millionen vertrieben im Exil leben. Bereits 1979 hatte die Generalversammlung angeregt, zum Solidaritätstag sogar Gedenkbriefmarken herauszugeben – ein Zeichen dafür, wie sehr man bemüht war, den Tag in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. Im Laufe der Zeit wurden die Mitgliedstaaten der UN mehrfach ermutigt, die Solidaritätsbekundung durch eigene Aktionen und Medienarbeit zu unterstützen. In einzelnen Jahren passte man das Datum der zentralen Veranstaltung leicht an – etwa 2003, als die Gedenksitzung aus organisatorischen Gründen am 1. Dezember stattfand –, doch grundsätzlich bleibt der 29. November als Symboldatum bestehen.

Die Geschichte des Solidaritätstages ist nicht frei von Kontroversen. So sorgte etwa die Gedenkveranstaltung 2005 für Schlagzeilen, als im UN-Hauptquartier eine Landkarte gezeigt wurde, die den Staat Israel vollständig durch einen Staat Palästina ersetzte – ein Vorgang, der international Kritik hervorrief. Kritiker warfen der UNO vor, mit solchen Symbolen einseitig Position zu beziehen. 2018 kam es ebenfalls zu einer Debatte, nachdem ein Redner bei der UN-Begehung Äußerungen tätigte, die von einigen als antisemitisch verstanden wurden, was eine breite Medienresonanz und personelle Konsequenzen nach sich zog. Solche Vorfälle blieben jedoch die Ausnahme. Im Allgemeinen verläuft der Solidaritätstag als feierliche – wenn auch politisch aufgeladene – Veranstaltung, die von den meisten UN-Mitgliedern mitgetragen wird.

Politische und gesellschaftliche Bedeutung

Seit seiner Einführung vor fast fünf Jahrzehnten besitzt der Solidaritätstag eine hohe politische und symbolische Bedeutung. Er erinnert die Weltöffentlichkeit jedes Jahr aufs Neue an die unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes und an die weiterhin unerfüllte Hoffnung auf eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts. Die Vereinten Nationen nutzen den Tag, um Nachdruck hinter grundlegende Forderungen zu setzen: So bekräftigt die Generalversammlung regelmäßig das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung, auf nationale Unabhängigkeit und Souveränität sowie auf Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimatorte. All diese Rechte wurden den Palästinensern von der UN bereits vor Jahrzehnten zugesprochen, aber in der Realität noch nicht verwirklicht. Der Solidaritätstag hält diese Ansprüche im Bewusstsein der internationalen Gemeinschaft wach und unterstreicht, dass die Palästina-Frage weiterhin ungelöst ist.

Gesellschaftlich hat der Gedenktag die Funktion, weltweit Aufmerksamkeit und Empathie für das Schicksal der Palästinenser zu wecken. Er dient als Gelegenheit, über die Medien, Bildungsinitiativen und Veranstaltungen ein breiteres Publikum zu erreichen und für die Geschichte, Kultur und aktuelle Lage des palästinensischen Volkes zu sensibilisieren. So erscheinen rund um den 29. November in vielen Ländern Berichte in Zeitungen, Radio und Fernsehen, die die Lebensbedingungen der Palästinenser – etwa die Situation der Flüchtlinge oder die humanitäre Lage in den besetzten Gebieten – thematisieren. Schulen, Universitäten und zivilgesellschaftliche Organisationen veranstalten Diskussionsrunden, Filmvorführungen oder Ausstellungen, um über Ursachen und Folgen des Konflikts aufzuklären. Durch diese breite Streuung in die Öffentlichkeit trägt der Solidaritätstag dazu bei, dass das Thema Palästina nicht in Vergessenheit gerät und weltweit Menschen mobilisiert werden, die sich mit den Palästinensern solidarisieren.

Gleichzeitig darf man die Grenzen des Symboltages nicht übersehen: Der 29. November ist kein gesetzlicher Feiertag, sondern ein von der UNO ausgerufener Gedenk- und Aktionstag. Seine Wirkung besteht vor allem in Appellen und Gesten – die tatsächliche Verbesserung der Lage vor Ort hängt von politischen Entscheidungen und Verhandlungen ab, die der Tag selbst nicht zu erzwingen vermag. Dennoch gilt: In einer Welt mit vielen Krisen und wechselnder Nachrichtenlage schafft der Solidaritätstag einen fixen Moment im Jahr, an dem die Forderungen der Palästinenser Gehör finden und die Vision von Frieden und Gerechtigkeit im Nahen Osten bekräftigt wird.

Begehung weltweit

Lokale Veranstaltung zum Solidaritätstag 2023: Vertreter der Universität Indonesien überreichen symbolisch eine Spende zur Unterstützung des palästinensischen Volkes. Die Art und Weise, wie der Solidaritätstag begangen wird, variiert rund um den Globus. Offiziell steht er unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen, doch darüber hinaus finden weltweit Veranstaltungen von Regierungen, NGOs und Graswurzelbewegungen statt. In New York etwa versammeln sich jedes Jahr Diplomaten und UN-Offizielle zu einer Sondersitzung, in der Solidaritätsbotschaften verlesen und aktuelle Entwicklungen diskutiert werden. Ähnliche Gedenkzeremonien werden am UNO-Sitz in Wien, im Palais des Nations in Genf sowie im UN-Büro in Nairobi abgehalten. Oft richten die UN-Büros begleitend Kulturausstellungen oder Filmvorführungen aus, die das palästinensische Kulturerbe und die historische Dimension des Konflikts beleuchten. 2023 wurde beispielsweise in New York eine Ausstellung über die Nakba von 1948 gezeigt, welche die Vertreibung und Flucht der palästinensischen Bevölkerung thematisierte.

Abseits der UN selbst gestalten auch viele Länder und Gemeinschaften den Solidaritätstag aktiv mit. In einigen Städten organisieren palästinensische Gemeinden und Solidaritätsgruppen Gedenkveranstaltungen, Kundgebungen oder Lichteraktionen. Häufig werden an Universitäten Podiumsdiskussionen abgehalten – wie das Beispiel der Universität von Indonesien zeigt – oder es finden Benefizveranstaltungen statt, bei denen Spendengelder für palästinensische Hilfsprojekte gesammelt werden. Botschaften und diplomatische Vertretungen Palästinas laden zu Empfangenen oder kulturellen Abenden ein, um die Bevölkerung des Gastgeberlandes über die aktuelle Lage in den palästinensischen Gebieten zu informieren.

Auch internationale Organisationen (wie etwa Kirchen, Gewerkschaften oder Menschenrechtsgruppen) greifen den 29. November auf, um Solidaritätsadressen zu veröffentlichen oder Petitionen für die Rechte der Palästinenser zu starten. Die Medien berichten weltweit über die zentralen Veranstaltungen bei der UNO und nutzen den Tag als Aufhänger, um Hintergründe des Nahostkonflikts zu erläutern. Insgesamt ist der Solidaritätstag somit ein dezentral begangenes Ereignis, das von der großen UN-Bühne bis zur lokalen Gemeinde reicht. All diese Aktivitäten haben eines gemeinsam: Sie sollen das Thema Palästina im öffentlichen Diskurs präsent halten und ein Zeichen setzen, dass Menschen überall auf der Welt Anteilnahme zeigen. Dabei bleibt der offizielle Charakter symbolisch – Arbeitsfrei ist der Tag nirgends, es handelt sich um einen Gedenktag, der vor allem durch seine Botschaft wirkt.

Rolle im Kontext des Nahostkonflikts

Im Kontext des jahrzehntelangen Nahostkonflikts erfüllt der Solidaritätstag eine wichtige Funktion als Signal der internationalen Gemeinschaft. Er demonstriert Jahr für Jahr, dass die Welt den Anspruch der Palästinenser auf Würde, Rechte und einen eigenen Staat nicht vergessen hat. Insbesondere die von der UNO bekräftigte Vision einer Zwei-Staaten-Lösung – also eines souveränen Palästina Seite an Seite mit Israel – steht am Solidaritätstag im Mittelpunkt. In einer Zeit, in der Friedensverhandlungen immer wieder stocken, hält der Gedenktag den Druck aufrecht, eine politische Lösung nicht aus den Augen zu verlieren.

Für die Palästinenser selbst und ihre Vertreter bedeutet der 29. November vor allem moralische Unterstützung. Sie sehen in der jährlichen Zeremonie eine Anerkennung ihres Anliegens auf globaler Bühne und nutzen die Aufmerksamkeit, um auf ihre Forderungen hinzuweisen. So werden in den Solidaritätsbotschaften regelmäßig ein Ende der Besatzung, die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt sowie die Durchsetzung des Flüchtlings-Rückkehrrechts eingefordert. Der Tag bietet den palästinensischen Führungspersönlichkeiten eine Plattform, um diese Positionen vor der Weltöffentlichkeit zu bekräftigen – sei es durch Reden beim UN-Treffen oder durch Veranstaltungen weltweit, die ihre Perspektive schildern.

Allerdings wird auch Kritik laut, wie wirksam dieses jährliche Ritual tatsächlich ist. Manche Beobachter – darunter auch palästinensische Aktivisten – bemängeln, dass der Solidaritätstag vor allem symbolischen Charakter habe und keine konkreten Veränderungen bewirke. So weisen Kritiker darauf hin, dass es einer gewissen Ironie gleichkomme, ausgerechnet die UN-Teilungsresolution von 1947 jährlich als Akt der Solidarität zu feiern, obwohl dieser Beschluss nach Ansicht vieler Palästinenser den Grundstein für ihre Vertreibung legte und bis heute zu ihrem Leid beiträgt. Die rein symbolischen Gesten würden „dem ohnehin vorhandenen Leid noch Beleidigung hinzufügen“, heißt es etwa von Seiten der palästinensischen Rechteorganisation BADIL. Echte Solidarität, so fordern es diese Stimmen, müsse sich in Taten ausdrücken – etwa durch politischen und wirtschaftlichen Druck auf Israel, durch Sanktionen gegen die Besatzungspolitik und durch aktive Unterstützung des palästinensischen Freiheitskampfes. Anstelle eines alljährlichen Gedenktags verlangen sie „Gebt uns lieber unsere Rechte und unser Land zurück“ – eine drastische Zuspitzung, die jedoch den Frust über die ausbleibende Lösung widerspiegelt.

Trotz solcher Kritik bleibt der Solidaritätstag ein wesentlicher Bestandteil der internationalen Diplomatie im Nahostkonflikt. Solange keine endgültige Vereinbarung zwischen Israelis und Palästinensern erreicht ist, erfüllt das jährliche Gedenken die Rolle eines Mahners: Es hält die Dringlichkeit der Konfliktlösung auf der Agenda und erinnert Regierungen und Öffentlichkeit daran, dass Frieden und Gerechtigkeit weiterhin ausstehen. Gerade in Zeiten akuter Krisen gewinnt der Tag an Aktualität – so etwa 2023 während des Krieges im Gazastreifen, als die UN am Solidaritätstag verstärkt auf die katastrophale humanitäre Lage aufmerksam machte. UN-Generalsekretär António Guterres sprach in diesem Zusammenhang von einer „humanitären Katastrophe“ in Gaza und appellierte an die Welt, den Schutz der Zivilbevölkerung und Hilfslieferungen sicherzustellen. Solche Botschaften unterstreichen, dass der Solidaritätstag nicht nur retrospektiv gedenkt, sondern auch ganz konkrete aktuelle Herausforderungen im Blick hat.

Fazit

Der Welttag der Solidarität mit dem palästinensischen Volk hat sich seit 1977 als fester Termin im internationalen Kalender etabliert. Seine Herkunft liegt in einer Zeit, als die UNO verstärkt Verantwortung für die ungelöste Palästina-Frage übernahm, und er erinnert bewusst an ein zentrales Datum der Konfliktgeschichte. Über die Jahrzehnte hat sich der Gedenktag weiterentwickelt, blieb aber seinem Kern treu: Er mahnt die Welt an die Unvollendete Geschichte eines Volkes, dem noch immer ein eigener Staat verwehrt ist. Politisch dient er als jährliche Bekräftigung der internationalen Unterstützung für die Rechte der Palästinenser und als Forum, um den Konflikt in Erinnerung zu rufen. Gesellschaftlich schafft er Bewusstsein und Solidarität, indem er Menschen weltweit informiert und zum Mitfühlen bewegt. Im Kontext des Nahostkonflikts schließlich ist er ein Symbol sowohl für das fortbestehende Engagement der Weltgemeinschaft als auch für die Frustration über ausbleibende Lösungen.

Solange der israelisch-palästinensische Konflikt andauert, wird auch der Solidaritätstag relevant bleiben. Er ist ein Spiegel dieses Konflikts – seiner Hoffnungen, Widersprüche und ungelösten Fragen. Und er ist ein jährliches Plädoyer dafür, dass am Ende nicht Symbolik, sondern eine gerechte Friedensregelung stehen muss, damit der Gedenktag eines Tages zu einem tatsächlichen Feiertag des Friedens werden kann.

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