Internationaler Tag der Witwen (23. Juni)
Herkunft und Einführung des Aktionstags
Der Internationale Tag der Witwen wird jedes Jahr am 23. Juni begangen. Er wurde von den Vereinten Nationen offiziell ins Leben gerufen, um auf die Situation von Witwen weltweit aufmerksam zu machen. Die UN-Generalversammlung verabschiedete im Dezember 2010 die Resolution 65/189, mit der der 23. Juni ab 2011 zum Internationalen Tag der Witwen erklärt wurde. Initiator des Gedenktags war jedoch bereits 2005 die britische Loomba Foundation, gegründet von Raj Loomba in Gedenken an seine Mutter, die an diesem Datum Witwe wurde. Seitdem ist der 23. Juni dem oft übersehenen Schicksal von verwitweten Frauen gewidmet.
Bedeutung und Ziele des Gedenktags
Der Aktionstag soll das öffentliche Bewusstsein für die Probleme von Witwen schärfen und ihre Rechte stärken. Weltweit verlieren viele Frauen nach dem Tod ihres Ehemannes ihren sozialen Status sowie finanzielle Absicherung. Der Internationale Tag der Witwen verfolgt das Ziel, auf diese Missstände aufmerksam zu machen und Maßnahmen zu fördern, die Witwen und ihren Kindern bessere Lebensbedingungen und Schutz bieten. Diskriminierung und gesellschaftliche Ausgrenzung von Witwen sollen abgebaut werden, damit verwitwete Frauen nicht länger „unsichtbar“ in der Gesellschaft sind.
Globale Relevanz und Herausforderungen für Witwen
Weltweit leben Schätzungen zufolge etwa 258 Millionen Witwen (Stand: 2025). Besonders in vielen Entwicklungsländern sind verwitwete Frauen und ihre Kinder in fast allen Lebensbereichen benachteiligt. Viele verlieren z. B. den Zugang zu Erbschaften, Grundbesitz, Beschäftigung oder sozialer Absicherung, was nicht selten zu extremer Armut führt. Rund jede zehnte Witwe weltweit lebt in extremer Armut und muss täglich ums Überleben der Familie kämpfen.
In verschiedenen Ländern werden verwitwete Frauen mit vielfältigen Problemen konfrontiert:
- Wirtschaftliche Not: Durch den Wegfall des Hauptverdieners fehlt oft das Einkommen; viele Witwen rutschen in Armut oder Hunger ab.
- Rechtsbenachteiligung: In manchen Gesellschaften haben Witwen keinen Anspruch auf Erbschaften oder Landbesitz und verlieren ihr Zuhause und ihre Lebensgrundlage.
- Soziale Ausgrenzung: Verwitwete Frauen werden häufig stigmatisiert und aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, sobald der Ehemann nicht mehr lebt. Sie verlieren ihren gesellschaftlichen Status und gelten mancherorts als „Unglücksbringer“.
- Gewalt und Missbrauch: Berichte zeigen, dass Witwen in einigen Ländern Opfer von Gewalt, Vertreibung, Zwangsverheiratung oder anderen schweren Übergriffen werden können. In extremen Fällen wurden Witwen historisch sogar dazu gedrängt, sich mit ihrem verstorbenen Mann zu verbrennen (Sati-Ritual).
- Auswirkungen auf Kinder: Auch die Kinder von Witwen sind betroffen – sie leiden oft unter Bildungsabbruch, wirtschaftlicher Unsicherheit und einem erhöhten Risiko für Zwangsarbeit oder Ausbeutung. Schätzungen zufolge sterben weltweit rund 1,5 Millionen Kinder von Witwen noch vor ihrem fünften Geburtstag, da verwitwete Mütter in Not oft keine ausreichende Versorgung gewährleisten können.
Infolge dieser Umstände blieb das Leid der Witwen lange Zeit „unsichtbar“ und wurde von Behörden und Zivilgesellschaft kaum beachtet. Dabei stellen die Verletzungen der Menschenrechte, unter denen viele Witwen und ihre Kinder weltweit leiden, ein ernsthaftes Entwicklungshemmnis dar. Der Internationale Tag der Witwen soll dem entgegenwirken, das Thema enttabuisieren und die internationalen Anstrengungen für den Schutz und die Chancen von Witwen voranbringen.
Situation von Witwen in Deutschland
Im Gegensatz zu vielen Ländern sind Witwen in Deutschland rechtlich und sozial relativ gut abgesichert. Verwitwete Ehepartner haben gesetzliche Erbansprüche und erhalten in der Regel eine Hinterbliebenenrente (Witwen- bzw. Witwerrente) aus der Rentenversicherung. Aufgrund der höheren Lebenserwartung von Frauen gibt es hierzulande deutlich mehr Witwen als Witwer – Ehefrauen überleben ihre Männer oft um viele Jahre. So ist in der Altersgruppe von 70 bis 75 Jahren fast jede vierte Frau verwitwet, während dies bei Männern desselben Alters wesentlich seltener der Fall ist. Insgesamt leben in Deutschland rund sechs Millionen verwitwete Menschen, die große Mehrheit davon Frauen.
Viele Witwen beziehen eine Rente aus der Versicherung des verstorbenen Partners: Im Jahr 2021 wurden etwa 4,5 Millionen Witwenrenten und 700.000 Witwerrenten in Deutschland ausgezahlt. Dennoch können verwitwete Frauen finanziellen Herausforderungen gegenüberstehen. Die Hinterbliebenenrente beträgt meist nur 55 % der Rente des Verstorbenen, sodass das Einkommen eines Witwen-Haushalts gegenüber dem früheren Haushaltseinkommen deutlich sinkt. Vor allem ältere Frauen, die oft geringere eigene Rentenansprüche haben, sind daher überproportional von Altersarmut bedroht. Der Sozialverband VdK weist darauf hin, dass der durchschnittliche Zahlbetrag einer Witwenrente in Westdeutschland nur ca. 684 € im Monat beträgt (Ostdeutschland rund 747 €) – viele verwitwete Seniorinnen müssen also mit einem sehr knappen Budget auskommen.
Jüngere Hinterbliebene mit kleinen Kindern stehen wiederum vor anderen Problemen. Neben der emotionalen Belastung und der Kindererziehung geraten sie nicht selten in finanzielle Not, wenn das Haupteinkommen der Familie durch den Todesfall wegfällt. Zwar gibt es auch für jüngere Witwen eine kleine Witwenrente, doch diese fällt gering aus und wird gekürzt, sobald die Witwe eigenes Einkommen erzielt. Das kann dazu führen, dass hinterbliebene Alleinerziehende trotz Arbeit und Rente nur schwer über die Runden kommen. Zusätzlich erhalten jüngere Verwitwete in der Gesellschaft oft wenig Aufmerksamkeit, da Witwenschaft meist als Phänomen des hohen Alters wahrgenommen wird. Umso wichtiger sind spezifische Beratungs- und Trauerangebote für Betroffene in jungen Jahren.
Initiativen, Aktionen und Veranstaltungen am Witwentag
Der Internationale Tag der Witwen wird weltweit von verschiedenen Organisationen genutzt, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Die Vereinten Nationen veröffentlichen an diesem Tag Erklärungen und Berichte, die die Lage der Witwen beleuchten. So wies z. B. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon in einer Botschaft zum Witwentag auf die oft übersehenen Menschenrechtsverletzungen gegenüber Witwen hin. Die Loomba Foundation, die den Gedenktag initiiert hat, organisiert jährlich Veranstaltungen und Kampagnen – von Konferenzen bis zu Spendenaktionen –, um Mittel für bedürftige Witwen und deren Kinder zu sammeln. Auch andere Nichtregierungsorganisationen, etwa der Global Fund for Widows oder UN Women, machen am 23. Juni mit Aktionen und Medienkampagnen auf die Rechte von Witwen aufmerksam.
In Deutschland ist der Aktionstag noch wenig bekannt, doch einige Verbände und Medien greifen das Thema auf. So veröffentlichen kirchliche Medien jedes Jahr Beiträge, die die Situation verwitweter Menschen beleuchten. Es gibt zudem Hilfsorganisationen wie Witwen und Waisen e. V., die am Witwentag auf die Lebensumstände von Witwen – etwa in Afrika oder Asien – aufmerksam machen und zu Spenden für Witwen und Waisenkinder aufrufen. Selbsthilfegruppen wie jung verwitwet e. V. nutzen die Gelegenheit, um auf die besonderen Herausforderungen jüngerer Verwitweter hinzuweisen und um mehr gesellschaftlichen Rückhalt für Hinterbliebene zu werben. Insgesamt trägt der Internationale Tag der Witwen dazu bei, das oft unterschätzte Thema Witwenschaft in den Fokus zu rücken und weltweit Solidarität mit den Betroffenen zu zeigen.
 
