atein seiner Zeit übersetzte. Seine Übersetzung – die Vulgata – wurde über viele Jahrhunderte zur offiziellen Bibelversion der römisch-katholischen Kirche und unterstreicht eindrucksvoll den historischen Einfluss des Übersetzens. Zu Ehren dieses bedeutenden Übersetzers und Kirchenvaters wird sein Todestag (30. September 420) heute als Internationaler Übersetzertag gefeiert.
Hieronymus als Schutzpatron der Übersetzer
Der Heilige Hieronymus wird in der Übersetzergemeinschaft besonders verehrt, da er als erster bedeutender Übersetzer der westlichen Welt gilt. In kunsthistorischen Darstellungen – wie dem Gemälde von Caravaggio – sieht man ihn oft vertieft beim Übersetzen der Heiligen Schrift. Hieronymus beherrschte mehrere Sprachen (unter anderem Latein, Griechisch und Hebräisch) und widmete sein Leben dem Studium und der Übersetzung biblischer Texte. Diese Lebensleistung machte ihn postum zum Schutzheiligen aller Dolmetscher:innen und Übersetzer:innen. Sein Gedenktag, der 30. September, wird im deutschen Sprachraum daher auch Hieronymustag genannt.
Entwicklung und offizielle Anerkennung
Bereits seit den 1950er-Jahren wurde der Hieronymustag in Übersetzerkreisen begangen. Doch erst Anfang der 1990er erfolgte die formelle Institutionalisierung dieses Ehrentags: 1991 wählte die Fédération Internationale des Traducteurs (FIT) – der internationale Dachverband der Übersetzerverbände – den 30. September offiziell zum Weltübersetzertag. Ab 1992 rief die FIT ihre Mitgliedsverbände jährlich zur Feier dieses Tages auf. Über viele Jahre wurde der Gedenktag vor allem branchenintern begangen und als Gelegenheit gesehen, auf die Bedeutung des Übersetzerberufs aufmerksam zu machen.
Ein bedeutender Meilenstein folgte dann 2017: In diesem Jahr erkannte die Vollversammlung der Vereinten Nationen (UNO) den Tag des Übersetzens weltweit offiziell an. Am 24. Mai 2017 verabschiedete die UNO-Generalversammlung einstimmig die Resolution A/RES/71/288, mit der der 30. September zum „UN International Translation Day“ erklärt wurde. In der Resolution würdigten die Vereinten Nationen explizit „die Rolle der professionellen Übersetzung für die Verbindung von Nationen und die Förderung von Frieden, Verständnis und Entwicklung“. Damit unterstreicht die UNO, wie wichtig Übersetzungsarbeit für internationale Verständigung, kulturellen Austausch und die globale Zusammenarbeit ist. (Die UNESCO als UN-Organisation für Bildung und Kultur fördert in diesem Zusammenhang ebenfalls die Mehrsprachigkeit und den Erhalt sprachlicher Vielfalt, was dem Anliegen des Übersetzertags entspricht.)
Bedeutung in der heutigen Zeit
Heute hat der Internationale Übersetzertag eine große Relevanz, denn er richtet den Fokus auf die oft unsichtbare, aber unverzichtbare Arbeit von Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen in einer globalisierten Welt. Diese Sprachmittler bauen Brücken zwischen Kulturen und ermöglichen erst die Verständigung über Sprachgrenzen hinweg. Übersetzer:innen übertragen nicht nur Worte, sondern vermitteln auch Bedeutungen und Konzepte – sie machen ganze Kulturen für andere zugänglich. In unserer vielfach vernetzten Welt sind sie in nahezu allen Lebensbereichen gefragt:
- Literatur & Kultur: Übersetzungen von Büchern, Gedichten oder Filmen ermöglichen es, dass literarische Werke und kulturelle Inhalte weltweit rezipiert werden können. Übersetzer:innen schaffen damit gewissermaßen universelle Literatur, indem sie nationale Literatur für die Welt zugänglich machen. Viele Leser begegnen fremdsprachigen Autor:innen erst durch Übersetzungen.
- Wissenschaft & Bildung: Forschungsergebnisse, Fachartikel und Lehrmaterialien werden durch Übersetzung international teilbar. So wird Wissen global verbreitet und Innovation gefördert.
- Politik & Diplomatie: In der internationalen Diplomatie (z. B. bei UN-Konferenzen oder EU-Treffen) sorgen Dolmetscher:innen in Echtzeit dafür, dass Vertreter verschiedenster Sprachen einander verstehen. Übersetzung und Dolmetschen sind damit Grundpfeiler der multilateralen Zusammenarbeit und Friedenssicherung.
- Wirtschaft & Technik: Globale Geschäftsbeziehungen, Handel und technische Zusammenarbeit sind ohne Übersetzungen kaum denkbar. Produktdokumentationen, Verträge oder Marketingkampagnen müssen für verschiedene Sprachräume lokalisiert werden – eine Aufgabe, die professionelle Übersetzer:innen übernehmen.
Trotz dieser Schlüsselfunktionen bleibt die Kunst des Übersetzens häufig im Hintergrund. Übersetzer:innen agieren oft als „unsichtbare Stimmen“ im internationalen Austausch – man bemerkt ihre Arbeit meist nur, wenn sie fehlt oder misslingt. Umso wichtiger ist es, ihre Leistung angemessen zu würdigen. Der Weltübersetzertag rückt einmal im Jahr genau diese sprachlichen Brückenbauer ins Rampenlicht. An diesem Tag organisieren Berufsverbände und Institutionen weltweit Veranstaltungen, um die Öffentlichkeit auf die Bedeutung professioneller Übersetzungsarbeit aufmerksam zu machen. Beispielsweise werden Lesungen mit Übersetzungen, Fachdiskussionen, Preisverleihungen oder Social-Media-Aktionen durchgeführt, um die Vielfalt und Wichtigkeit des Übersetzerberufs hervorzuheben.
Ein weiterer aktueller Aspekt ist die Herausforderung durch automatische Übersetzungstechnologien. Im Zeitalter von Online-Übersetzungsdiensten und Künstlicher Intelligenz könnte man meinen, menschliche Übersetzer:innen würden an Bedeutung verlieren. Doch das Gegenteil ist der Fall: Qualifizierte Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen sind unverzichtbar, weil sie – im Gegensatz zu Maschinen – den Sinn und Kontext einer Aussage verstehen. Sie kennen fachliche und kulturelle Hintergründe und übertragen auch zwischen den Zeilen versteckte Bedeutungen präzise von einer Sprache in die andere. Menschliche Sprachmittler gewährleisten zudem die Qualität, Zuverlässigkeit und Nuanciertheit von Übersetzungen, gerade in sensiblen Bereichen wie Recht, Medizin oder internationalen Verträgen, wo Fehler gravierende Folgen haben könnten.
Würdigung der Übersetzer:innen und Ausblick
Der internationale Tag des Übersetzens ist somit weit mehr als ein symbolischer Gedenktag – er ist eine Anerkennung für eine Berufsgruppe, die maßgeblich zum Zusammenwachsen der Welt beiträgt. Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen fördern durch ihre Arbeit den Dialog und das Verständnis zwischen unterschiedlichen Völkern, Kulturen und Perspektiven. Sie helfen, Sprachbarrieren weltweit zu überwinden, wie es der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer formuliert. Ihre Leistungen tragen dazu bei, dass Informationen, Literatur und Ideen frei fließen können und niemand aufgrund von Sprachunterschieden ausgeschlossen wird.
Mit der offiziellen Anerkennung durch die UN im Jahr 2017 hat der Übersetzertag nochmals an Sichtbarkeit gewonnen – er wird nun jährlich im gesamten UN-System begangen. Jedes Jahr wählt die FIT ein Motto, das einen aktuellen Schwerpunkt der Sprach- und Übersetzungswelt hervorhebt. So lautete das Motto 2023 etwa „Übersetzung bringt die vielen Gesichter der Menschheit zu Tage“, was die Rolle der Übersetzung als Bindeglied zwischen den Kulturen betonte. Solche Aktionen verdeutlichen, dass Übersetzen nicht nur eine technische Dienstleistung, sondern auch Kulturarbeit und Friedensarbeit ist.
Fazit: Der Internationale Tag des Übersetzens erinnert daran, dass Verständigung keine Selbstverständlichkeit ist. Hinter jeder guten Übersetzung stehen Menschen mit Fachkenntnis, Sprachgefühl und kultureller Kompetenz. In einer globalisierten Welt, in der Vielfalt und Dialog immer wichtiger werden, verdienen diese unermüdlichen Vermittler unseren Dank und unsere Anerkennung – nicht nur am 30. September, aber an diesem Datum ganz besonders.
 
