Internationaler Tag zur Unterstützung der Folteropfer
Jedes Jahr am 26. Juni wird weltweit der Internationale Tag zur Unterstützung der Folteropfer begangen. Dieser von den Vereinten Nationen ausgerufene Gedenktag soll Solidarität mit den Überlebenden von Folter zeigen und ein deutliches Zeichen gegen Folter und grausame Behandlung setzen. Regierungen und Organisationen bekräftigen an diesem Tag ihr Engagement im Kampf gegen Folter und erklären ihre Unterstützung für die Opfer und ihre Angehörigen.
Entstehung des Gedenktages
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen beschloss am 12. Dezember 1997 in der Resolution 52/149 die Einführung dieses Gedenktages. Als Datum wählte die UN den 26. Juni, da an diesem Tag im Jahr 1987 das „Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe“ (UN-Antifolterkonvention) nach der 20. Staatenratifikation in Kraft trat. Seit 1998 wird der Internationale Tag zur Unterstützung der Folteropfer jedes Jahr am 26. Juni offiziell begangen. Die Vereinten Nationen verfolgen mit dem Gedenktag das Ziel, auf die vollständige Abschaffung der Folter hinzuarbeiten und die Rechte der Betroffenen zu stärken. Durch die jährliche Aufmerksamkeit soll die dringende Notwendigkeit betont werden, Folter weltweit konsequent zu bekämpfen und wirksame Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Bedeutung für Menschenrechte und Opferhilfe
Folter verstößt gegen die fundamentalen Menschenrechte. Bereits Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 stellt unmissverständlich klar, dass niemand der Folter oder grausamer, unmenschlicher Behandlung unterworfen werden darf. Nahezu alle Staaten der Welt haben die UN-Antifolterkonvention unterzeichnet und ratifiziert – bis 2024 traten ihr 174 Staaten bei – und sind damit völkerrechtlich zur Einhaltung des absoluten Folterverbots verpflichtet. In der Praxis ist Folter jedoch trotz dieser klaren Rechtslage weiterhin ein globales Problem. So liegen aus über 150 Ländern Berichte über Folter oder Misshandlungen durch staatliche Akteure vor; in über 70 Ländern wird Folter sogar systematisch angewandt. Amnesty International dokumentierte allein in den letzten Jahren Fälle von Folter in über 140 Ländern, teils als routinemäßige Praxis, teils in Form einzelner Vorfälle. Jeder dieser Fälle stellt eine schwere Menschenrechtsverletzung dar und verdeutlicht, warum der Einsatz gegen Folter nach wie vor höchste Priorität hat.
Der Gedenktag unterstreicht auch die Verantwortung der Staatengemeinschaft, Folteropfern Hilfe und Wiedergutmachung zukommen zu lassen. Nicht nur die Folter selbst, auch ihre Folgen sind für die Überlebenden verheerend: Schwerwiegende physische und psychische Schäden, hohe Behandlungskosten und oft dauerhafte Berufsunfähigkeit gehören zu den möglichen Nachwirkungen. Viele Opfer kämpfen ein Leben lang mit Traumata und benötigen medizinische, therapeutische, rechtliche und soziale Unterstützung. Um die Opfer bei der Bewältigung dieser Folgen zu helfen, hat die UN-Generalversammlung bereits 1981 den Freiwilligen Fonds der Vereinten Nationen für Opfer der Folter ins Leben gerufen. In diesen Fonds zahlen Staaten freiwillig ein; das Geld wird an spezialisierte Institutionen und Nichtregierungsorganisationen weitergeleitet, die Folteropfer betreuen – darunter Opferverbände, Kliniken, Trauma-Zentren und Rechtsberatungen. Dadurch werden weltweit medizinische, psychologische, soziale, juristische und finanzielle Hilfsangebote für Folterüberlebende und ihre Familien unterstützt. Die Arbeit solcher Rehabilitationszentren und Hilfsorganisationen ist essenziell, um den Betroffenen bei der Rückkehr in ein normales Leben zu helfen und ihr Recht auf Entschädigung und Gerechtigkeit einzulösen.
Politische Bildung und Sensibilisierung
Der Internationale Tag zur Unterstützung der Folteropfer hat auch eine wichtige Funktion in der politischen Bildungsarbeit und Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Durch Veranstaltungen, Kampagnen und Medienberichte rund um den 26. Juni wird die Gesellschaft für das Thema Folter sensibilisiert und über Menschenrechtsstandards aufgeklärt. Menschenrechtsorganisationen nutzen den Tag, um Informationen über Folter zu verbreiten und Mythen oder Rechtfertigungsversuche zu entkräften. So veröffentlichte Amnesty International zum 26. Juni 2014 einen Bericht, der fünf weitverbreitete „Folter-Mythen“ entlarvte – mit dem Appell, dass Folter unter keinen Umständen erlaubt und niemals zu rechtfertigen ist. Schulen, Gedenkstätten und Bildungseinrichtungen greifen das Thema ebenfalls auf, um das Bewusstsein für Menschenrechte zu stärken. Gerade vor dem Hintergrund aktueller Konflikte und Sicherheitsdebatten ist es wichtig, immer wieder an das absolute Folterverbot und die Pflicht zu seiner Prävention zu erinnern. Der Gedenktag bietet Anlass, staatliche Stellen und die Öffentlichkeit daran zu erinnern, dass das Verbot von Folter ohne Ausnahme gilt und jede Relativierung oder Duldung einen gefährlichen Dammbruch bedeuten würde. Durch Bildungsarbeit am 26. Juni wird die nächste Generation für das Thema sensibilisiert und eine Kultur der Null-Toleranz gegenüber Folter gefördert.
Gedenkveranstaltungen und Aktionen zum 26. Juni
Weltweit finden am 26. Juni vielfältige Gedenkveranstaltungen und Aktionen statt, um den Internationalen Tag zur Unterstützung der Folteropfer zu begehen. Die Europäische Union nutzt diesen Tag beispielsweise, um ihre Haltung zu bekräftigen: So ruft die EU am 26. Juni zu einer Null-Toleranz-Politik gegenüber Folter und anderer Misshandlung auf und appelliert an alle Staaten, sich dem Kampf für die Ausrottung der Folter anzuschließen. Auch viele Regierungen veröffentlichen Stellungnahmen oder organisieren Veranstaltungen, um auf die Thematik hinzuweisen und Fortschritte bei der Folterprävention vorzustellen.
Menschenrechtsorganisationen koordinieren rund um den 26. Juni weltumspannende Kampagnen und Aktionen. Der International Rehabilitation Council for Torture Victims (IRCT) etwa veranstaltet jedes Jahr eine globale Kampagne, an der sich Hunderte Organisationen beteiligen. So schlossen sich 2003 über 300 Organisationen in 96 Ländern der IRCT-Aktion „Together against Torture“ an, um gemeinsam diesen UN-Gedenktag zu begehen und auf die Situation sowie die Rechte der Folteropfer aufmerksam zu machen. Amnesty International und andere NGOs organisieren um den 26. Juni herum häufig öffentliche Informationsstände, Mahnwachen oder Ausstellungen. Traditionell stellen lokale Amnesty-Gruppen an diesem Tag z. B. in Fußgängerzonen Infotische auf, klären Passant*innen über Folter auf und sammeln Unterschriften gegen Folter und für die Unterstützung einzelner Opferfälle. Solche Petitions- und Straßenaktionen bieten der Zivilgesellschaft die Möglichkeit, sich aktiv zu engagieren und Solidarität mit Folterüberlebenden zu zeigen.
Neben Protest- und Informationsveranstaltungen gibt es auch Gedenkfeiern und Mahnwachen. Opferhilfezentren, Kirchen und lokale Initiativen laden oft zu Andachten oder Kerzenaktionen ein, um der Opfer von Folter zu gedenken. So organisiert die christliche Menschenrechtsorganisation ACAT (Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter) am 26. Juni regelmäßig Gebetswachen, bei denen für Menschen gebetet wird, die Folter erleiden mussten. Solche Veranstaltungen schaffen einen Raum des Mitgefühls und erinnern die Öffentlichkeit daran, dass hinter jedem Folteropfer ein individuelles Schicksal steht.
Durch diese vielfältigen Initiativen – von politischen Statements über Aufklärungskampagnen bis hin zu Gedenkaktionen – entfaltet der 26. Juni weltweit eine hohe Symbolkraft. Der Internationale Tag zur Unterstützung der Folteropfer verbindet dabei Menschenrechte, Opferhilfe und Bildungsarbeit: Er mahnt Regierungen, Folter niemals zu tolerieren, er stärkt die Rechte und die Würde der Überlebenden und er sensibilisiert die Gesellschaft dafür, dass Folter ein absolutes Tabu bleiben muss. So leistet der Gedenktag einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Ächtung der Folter und zur Solidarität mit den Opfern dieser gravierenden Menschenrechtsverletzung.
 
