Weltschilddrüsentag: Herkunft, Bedeutung und weltweite Aktivitäten

Symbolbild: Der Weltschilddrüsentag lenkt weltweit Aufmerksamkeit auf die kleine, schmetterlingsförmige Drüse im Hals und ihre wichtige Rolle für die Gesundheit.

Herkunft und Entstehung des Weltschilddrüsentags

Der Weltschilddrüsentag (“World Thyroid Day”) wird jedes Jahr am 25. Mai begangen. Ins Leben gerufen wurde dieser internationale Aktionstag im Jahr 2007 auf einer Versammlung der Thyroid Federation International (TFI), einem weltweiten Netzwerk von Schilddrüsen-Patientenorganisationen. Die Wahl des Datums fiel bewusst auf den 25. Mai, da an diesem Tag im Jahr 1965 die European Thyroid Association (ETA) – die Europäische Schilddrüsengesellschaft – gegründet wurde. Aufgrund anfänglicher formaler Hürden wurde der Tag zunächst 2008 als Europäischer Schilddrüsentag begangen. Rasch entwickelte sich daraus jedoch ein globaler Aktionstag: Seit 2008 wird der 25. Mai jährlich als Weltschilddrüsentag international begangen. Initiiert und getragen wird er von der European Thyroid Association (ETA) in Kooperation mit weiteren internationalen Fachgesellschaften wie der American Thyroid Association (ATA), der Asian Oceanic Thyroid Association (AOTA) und der Latin American Thyroid Society (LATS). Seit 2010 unterstützen all diese Schwesterorganisationen den Weltschilddrüsentag offiziell, was seiner Etablierung als weltweites Ereignis zusätzlichen Schub verliehen hat.

Medizinische, gesellschaftliche und gesundheitspolitische Bedeutung

Die Schilddrüse ist ein kleines Organ mit großer Wirkung – ihre Hormone beeinflussen Stoffwechsel, Herz-Kreislauf-System, Wachstum, Entwicklung und viele weitere Körperfunktionen. Eine Funktionsstörung bleibt jedoch oft lange unbemerkt, da die Symptome unspezifisch sind und leicht anderen Ursachen zugeschrieben werden. Unbehandelte Schilddrüsenerkrankungen bergen erhebliche Gesundheitsrisiken: Sie können zu chronischen Beschwerden und Folgeschäden führen und im schlimmsten Fall die Lebenserwartung verkürzen. So erhöht etwa eine anhaltende Schilddrüsenunterfunktion das Risiko für Herzerkrankungen, Osteoporose oder Depressionen, während eine unbehandelte Überfunktion zu Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern beitragen kann. Auch in Schwangerschaft und Kindesentwicklung spielt die Schilddrüse eine kritische Rolle – unbehandelte Störungen können zu Fehl- oder Frühgeburten und Entwicklungsstörungen beim Kind führen. Trotz dieser weitreichenden Auswirkungen galt die Schilddrüse lange als „unscheinbares“ Organ, dem in Medizin und Öffentlichkeit wenig Beachtung geschenkt wurde. Gesellschaftlich führt dies dazu, dass Betroffene oft eine Odyssee von Arztbesuchen durchlaufen, bis die richtige Diagnose gestellt wird, und in dieser Zeit mit Unverständnis im Umfeld kämpfen.

Der Weltschilddrüsentag schafft ein Bewusstsein für diese Problematik. An diesem Tag betont die internationale Gesundheitsgemeinschaft die enorme Bedeutung einer gesunden Schilddrüse für alle Menschen. Zugleich werden Entscheidungsträger im Gesundheitswesen sensibilisiert: Gesundheitspolitisch mahnt der Aktionstag an, Prävention und Früherkennung von Schilddrüsenerkrankungen stärker zu fördern. Ein zentrales Thema ist dabei die Versorgung mit Jod, dem Schlüsselfaktor für eine gesunde Schilddrüse. Obwohl viele Länder seit Jahrzehnten Speisesalz mit Jod anreichern, sind nach wie vor rund 30 % der Weltbevölkerung – etwa zwei Milliarden Menschen – von Jodmangel bedroht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betrachtet Jodmangel daher weiterhin als bedeutendes öffentliches Gesundheitsproblem und ruft zu umfassenden Interventionsprogrammen auf. Der Weltschilddrüsentag unterstreicht den politischen Handlungsbedarf, z. B. durch flächendeckende Jodprophylaxe, Aufklärungskampagnen und eine bessere Aus- und Fortbildung von Ärzten in Endokrinologie. Nicht zuletzt wird der Zusammenhang von Schilddrüsenerkrankungen mit anderen Volkskrankheiten hervorgehoben: So tragen unbehandelte Schilddrüsenfunktionsstörungen zu nichtübertragbaren chronischen Erkrankungen (NCDs) wie Herz-Kreislauf-Leiden, Diabetes, Adipositas oder psychischen Erkrankungen bei. Insgesamt erinnert der Weltschilddrüsentag daran, dass Schilddrüsengesundheit ein wichtiger Bestandteil der öffentlichen Gesundheit ist und weltweit mehr Aufmerksamkeit verdient.

Ziele und Inhalte des Aktionstags

Als klassischer Gesundheitsschwerpunkt-Tag verfolgt der Weltschilddrüsentag klare Ziele: Er will aufklären, sensibilisieren und vorsorgen. Im Mittelpunkt steht die Aufklärung der Öffentlichkeit über die Schilddrüse und ihre Erkrankungen. Dazu gehört, Informationen über häufige Störungen wie Hypothyreose (Unterfunktion), Hyperthyreose (Überfunktion), Autoimmunerkrankungen (z. B. Morbus Basedow und Hashimoto-Thyreoiditis) oder Schilddrüsenknoten und -krebs allgemeinverständlich zu vermitteln. Die Bevölkerung soll die Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten kennen, damit Erkrankungen frühzeitig erkannt und richtig behandelt werden. Früherkennung ist ein zentrales Anliegen: Viele Betroffene wissen lange nichts von ihrer Schilddrüsenerkrankung – der Aktionstag mahnt daher, unspezifische Beschwerden ernst zu nehmen und gegebenenfalls ärztlich die Schilddrüsenwerte überprüfen zu lassen. Mediziner empfehlen beispielsweise, bei anhaltender Müdigkeit, plötzlichen Gewichtsschwankungen, Herzrasen, unerfülltem Kinderwunsch oder depressiven Verstimmungen auch an die Schilddrüse als mögliche Ursache zu denken.

Auch Prävention wird am Weltschilddrüsentag großgeschrieben. So wird regelmäßig betont, wie wichtig eine ausreichende Jodzufuhr über die Nahrung ist, um Kropf (Struma) und andere Jodmangel-Erkrankungen zu verhindern. Die Bevölkerung wird angehalten, auf jodiertes Speisesalz zu achten und jodreiche Lebensmittel (z. B. Seefisch oder Milchprodukte) in den Speiseplan zu integrieren. Frauen mit Kinderwunsch oder in der Schwangerschaft erhalten den Rat, ihre Schilddrüsenwerte kontrollieren zu lassen, da in diesen Lebensphasen der Jodbedarf erhöht ist und Schilddrüsenstörungen gravierende Folgen haben können. Neben Jod werden in Fachinformationen zum Aktionstag auch weitere Faktoren für eine gesunde Schilddrüse genannt – z. B. ausreichende Versorgung mit Selen, Eisen, Vitamin D und B12, Stressreduktion sowie Verzicht auf Rauchen (da Nikotin die Schilddrüse beeinflussen kann). Insgesamt zielt der Aktionstag darauf ab, das Verständnis für Schilddrüsenerkrankungen zu verbessern, Mythen auszuräumen und die Bevölkerung wie auch die Ärzteschaft für die Wichtigkeit der Schilddrüsengesundheit zu sensibilisieren.

Globale und nationale Aktivitäten zum Weltschilddrüsentag

Der Weltschilddrüsentag wird weltweit durch vielfältige Aktionen und Kampagnen begleitet. International kooperieren Fachgesellschaften und Patientenorganisationen, um rund um den 25. Mai Veranstaltungen anzubieten und Medienpräsenz zu schaffen. Die großen Schilddrüsen-Fachgesellschaften (ETA, ATA, AOTA, LATS) rufen ihre Mitglieder und Partner dazu auf, an diesem Tag aktiv zu werden. Beispielsweise organisieren sie öffentliche Informationsveranstaltungen, „Tage der offenen Tür“ in Kliniken oder Webinare, um direkt mit Patienten und Interessierten in Kontakt zu treten. Diese Events bieten oft Vorträge von Endokrinologen, Chirurgen oder Nuklearmedizinern über Schilddrüsenerkrankungen, deren Diagnose und moderne Therapiemöglichkeiten. Häufig werden kostenlose Schilddrüsen-Checks angeboten – etwa Tastuntersuchungen, Ultraschall-Screenings oder Messungen des TSH-Werts – damit Besucher eine Einschätzung ihres Schilddrüsengesundheitszustands erhalten. So berichtete z. B. die Schilddrüsen-Liga Deutschland von einer Infoveranstaltung, bei der zwei Ärzte ehrenamtlich Vorträge hielten und Ultraschalluntersuchungen durchführten. Das Ergebnis: Bei rund 80 % der Teilnehmer wurden Befunde wie Knoten, Hashimoto oder Morbus Basedow entdeckt, was die Wichtigkeit solcher Vorsorgeangebote unterstreicht. Die Untersuchten erhielten individuelle Empfehlungen, sich zur weiteren Abklärung an ihren Hausarzt zu wenden.

Neben medizinischen Checks gibt es Aufklärungskampagnen in klassischen und sozialen Medien. In vielen Ländern veröffentlichen Gesundheitsbehörden, Krankenhäuser oder Experten am 25. Mai leicht verständliche Artikel, TV-Beiträge oder Radio-Interviews über Schilddrüsenerkrankungen. Beispielsweise stellen Nachrichtenportale wie ZDFheute zum Weltschilddrüsentag Hintergrundberichte bereit, die Symptome und Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion erklären. In sozialen Netzwerken verbreiten Patientenverbände unter Hashtags wie #WorldThyroidDay oder #Weltschilddrüsentag Informationen, persönliche Geschichten von Betroffenen und Tipps zur Schilddrüsengesundheit. Durch diese Medienpräsenz soll eine breite Öffentlichkeit erreicht werden.

Patientenorganisationen spielen am Weltschilddrüsentag eine wichtige Rolle. Die Thyroid Federation International (TFI) koordiniert seit einigen Jahren eine Internationale Schilddrüsenwoche um den 25. Mai herum. Dabei wird oft ein Jahresthema gesetzt – 2024 stand etwa der Zusammenhang von Schilddrüsenerkrankungen und nichtübertragbaren Krankheiten (NCDs) im Fokus. National tätige Selbsthilfegruppen wie die Schilddrüsen-Liga Deutschland e.V. oder der Bundesverband Schilddrüsenkrebs organisieren lokale Treffen, Online-Vorträge und geben Infomaterial heraus. Zum Teil kooperieren sie mit medizinischen Einrichtungen oder Sponsoren aus der Pharmaindustrie, um z. B. Web-Seminare mit Experten durchzuführen. Ein Beispiel ist die American Thyroid Association (ATA), die 2024 anlässlich des Weltschilddrüsentags ein virtuelles Patientenforum zum Thema Schilddrüsenprobleme veranstaltet hat. Auch Unternehmen oder Stiftungen nutzen den Tag, um auf spezifische Schilddrüsenthemen hinzuweisen – etwa stellte ein Pharmaunternehmen 2025 am Weltschilddrüsentag die seltene endokrine Orbitopathie (eine Augenkrankheit im Zusammenhang mit Morbus Basedow) in den Mittelpunkt einer Kampagne. Insgesamt zeigt sich ein breites Engagement: vom Klinikarzt bis zur Patienteninitiative ziehen alle an einem Strang, um die Botschaft des Weltschilddrüsentags zu verbreiten.

Relevanz der Schilddrüsengesundheit weltweit

Schilddrüsenerkrankungen gehören zu den häufigsten gesundheitlichen Problemen weltweit. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation sind rund 200 Millionen Menschen global von einer Schilddrüsenerkrankung betroffen. Etwa 1,6 Milliarden Menschen – fast ein Viertel der Weltbevölkerung – leben in Regionen mit Jodmangel und haben somit ein erhöhtes Risiko, einen Kropf (Schilddrüsenvergrößerung) oder andere Jodmangelstörungen zu entwickeln. Diese Zahlen verdeutlichen die enorme globale Dimension. Besonders in Ländern in Südostasien, Afrika und Teilen Südamerikas ist die Versorgung mit Jod noch immer unzureichend. Aber auch in Industrieländern treten Schilddrüsenprobleme häufig auf: So erleidet in Deutschland statistisch gesehen etwa jeder dritte Erwachsene im Laufe seines Lebens eine Erkrankung der Schilddrüse. Die häufigste Einzeldiagnose in hochentwickelten Ländern ist die Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis, von der schätzungsweise 4–10 % der Bevölkerung betroffen sind (Frauen deutlich häufiger als Männer).

Die gesundheitlichen Auswirkungen von Schilddrüsenstörungen sind erheblich. Eine unbehandelte Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) führt zu einem verlangsamten Stoffwechsel mit Müdigkeit, Gewichtszunahme, Kälteempfinden und kann unbehandelt auf Dauer Herzschwäche oder hohe Blutfettwerte begünstigen. Umgekehrt beschleunigt eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) den Stoffwechsel; Betroffene leiden unter Nervosität, Schlaflosigkeit, Herzrasen und Gewichtsverlust, und ohne Therapie steigt langfristig z. B. das Osteoporose- und Herzinfarktrisiko. Darüber hinaus beeinträchtigen Schilddrüsenerkrankungen die Lebensqualität erheblich: Viele Patienten berichten von kognitiven Problemen (Konzentrationsstörungen, „Gehirnnebel“), Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen und allgemeinen Einschränkungen im Alltag. In bestimmten Lebensphasen sind die Folgen besonders kritisch – etwa kann eine unbehandelte Schilddrüsenunterfunktion in der Schwangerschaft zu ernsthaften Entwicklungsstörungen beim Fötus (kongenitale Hypothyreose) führen, und eine überaktive Schilddrüse erhöht das Risiko für Fehlgeburten. Auch nach der Geburt kann es bei Frauen zu schilddrüsenbedingten Problemen (postpartale Thyreoiditis) kommen, die unbehandelt die junge Mutter belasten.

Der Weltschilddrüsentag unterstreicht diese weltweite Relevanz der Schilddrüsengesundheit. Durch verbesserte Aufklärung und Vorsorge lassen sich viele dieser Risiken reduzieren. So sind Schilddrüsendysfunktionen in den meisten Fällen einfach diagnostizierbar und effektiv behandelbar – mit Hormontabletten bei Unterfunktion oder Medikamenten/Radiojodtherapie bzw. Operation bei Überfunktion lassen sich fast alle Patienten erfolgreich einstellen. Wichtig ist jedoch, dass die Erkrankungen rechtzeitig erkannt werden. Hier setzt der Weltschilddrüsentag an: Er ermutigt Menschen überall auf der Welt, ihre Schilddrüsengesundheit ernst zu nehmen, bei Beschwerden einen Arzt aufzusuchen und präventive Angebote zu nutzen. Gleichzeitig appelliert er an Gesundheitsbehörden weltweit, die Schilddrüsenvorsorge – insbesondere die Jodversorgung – als prioritäres Gesundheitsziel zu betrachten. Mit diesem ganzheitlichen Ansatz trägt der Weltschilddrüsentag dazu bei, die zahlreichen Menschen mit Schilddrüsenleiden aus dem Schatten zu holen und die Bedeutung einer kleinen Drüse für die globale Gesundheit ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

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